"In der Nacht sitzt das Finstere auf der Lampe und brüllt"
26.7.-9.8.2020
Ausstellung des Westmittelfränkischen Künstlerkreises
zu den Kaspar-Hauser-Festspielen
im Kunsthaus Reitbahn, Ansbach
Hinter den immensen Details der kriminalistischen und politischen Dimensionen des Falles steckt erst mal ein Mensch. Mit ihm wollen wir uns beschäftigen und uns fragen, was uns an seinem Schicksal berührt. Was für uns heute noch aktuell ist, beziehungsweise vielleicht sogar immer aktueller wird. Was sagt uns dieser Mensch heute noch.
Wir wissen fast alles über Kaspar Hauser und doch nichts sicher. Unser Wissen über den Menschen nimmt stetig zu und doch scheinen die wesentlichen Fragen oft unberührt: Was sollten wir tun? Was dürfen wir hoffen?
Aus dem Nichts aufgetaucht. Befreit und ausgesetzt, als wollte man ihn einfach entsorgen. Aus erzwungener Isoliertheit in die Welt gekommen und von Sinneseindrücken überrollt. Schwer traumatisiert und weiter von jedem ausgenutzt. Ausgestellt als Schauobjekt, benutzt als Versuchskaninchen, geführt und gegängelt von selbsternannten "Helfern". Ein Missbrauchsopfer, dessen Missbrauch bis zu seinem Tode nicht endete.
Es ist nicht einfach für uns, sich mit diesem geschundenen Menschen auseinanderzusetzen und dessen innere Finsternis auszuhalten.
Wie viel finden wir von ihm in uns?
Die Künstlerinnen und Künstler des Westmittelfränkischen Künstlerkreises stellen sich dieser Frage - und damit den Fragen nach Macht und Ohnmacht, Missbrauch und Freiheit, Verlust und Verwirklichung wahrer Menschlichkeit.
Kann es in der Dunkelheit unserer Zeit, die uns aus allen Kanälen der Informationsvermittlung entgegenschlägt, überhaupt lichte Momente geben? Ist die Lampe, in deren Licht wir uns fragen: "Was dürfen wir hoffen?", nicht längst verloschen?
Und wenn es etwas zu hoffen gäbe, wie würde dies die Verhältnisse ändern, anders beleuchten? Wie begegnen wir dann unserer Ohnmacht, dem Missbrauch, der Einsamkeit?
Vielleicht lehrt uns Kaspar Hauser am Ende auch dies: nur in der unmittelbaren Begegnung mit anderen Menschen entwickeln wir unser Ich. Das Finstere brüllt uns an: Was also antworten wir?